alter Kaffee
Heute gibt es Ethnologen der Fülle, die sagen: Es gibt
tausende Arten (anders, quer/zwerch, divers) zu sein,
und andererseits die Buchstaben-Suppe-Rufer (LGBTAIQ).
In den 1980ern waren es die Essentialisten, die sagten:
An allen Orten, zu allen Zeiten gibt es (etwa 10%) gays/Schwule,
und wir Anhänger der gesellschaftlichen Konstruiertheit der Wirklichkeit der Menschen.
Für uns ist klar: Wer je eine andere Epoche, eine andere Gesellschaft (ein anderes Milieu) wirklich verstanden hat, weiß, dass es die Homosexualität nicht geben kann.
So wie ich es sah, war damals für die meisten deutschen Betroffenen des § 175
das Anders-Sein, das Ausgeschlossen-Sein, das Nicht-Gewöhnlich-Sein das Eigentliche, der Kern der Identität.
Und für die Jungen waren wechselnde Partner das Markierende: man hielt sich für freier als die Heteros.
Die "alten Griechen", die Lustknaben umwarben, beschenken, beschliefen, waren aber weder deviant noch promisk,
sie waren also weder im Sinne der Homos, noch im Sinne der Schwulen "Homosexuelle" ‒ sie waren ganz anders. Und gehören meiner Ansicht nach nicht in die gleiche Begriffs-Box.
Zum Verständnis der Sexualität von Thomas Mann kann man Härle oder Popp lesen. Ich verweise gern auf
‒ das Missverstädnis Gore Vidal ‒ Th.Mann,
der junge Vidal schickte dem Nobelpreisträger seinen Erstling The City and a Pillar, der sich artig bedankle und daüber in sein Tagebuch schrieb (24.11.1950):
nicht verstehend, dass man Burschen, einfache Jungmänner begehren konnte, aber keine Herren ‒ doch nicht mit Seinesgleichen!
‒ seine Tagebucheintragungen über Kellner, Tennisspieler und 3.Klasse-Bahnfahrer,
‒ explizit in Über die Ehe (1925):
‒ den Tonio Kröger.
Tonios Vater ist wie Thomasens Vater Lübecker Patrizier,
doch die Mütter der beiden sind anders (Brasilianer, "Zigeuer", liederlich, un-protestantisch, un-nordisch, südländisch).
Tonio schreibt ‒ wie Jung-Thomas ‒ Gedichte und ist nicht sportlich, zeigt keinen richtig männlichen Körper. Tonio liebt Hans, sein Gegenteil.
Am Ende der Novelle gesteht er:
Wie für Ulrichs die Liebe zwischen Gleichen ganz undenkbar war: der AndersSeiende begehrte den Normalen (der Urning den Dioning = der Weibliche den Männlichen),
so bei Th.Mann: der halb-südländische Poet liebt den gesunden Hetero -- den er verführt, umgarnt, besticht.
Was es in Gore Vidals The City and the Pillar gibt:
Sex zwischen zwei Studenten aus gleichem Milieu
ist unvorstellbar.
Sogar: Sollte es im Perikleischen Athen Männer gegeben haben, die sich nach blonden "Gewöhnlichen" geseht hätten, wäre es anders gewesen als im Lübeck von 1902, weil Männerliebe einen in Griechenland nicht "A-Normal" (geschweige AbNormal) machte.
Womit ich sagen will: Jede Liebe ist anders, weil die Liebenden Andere sind und weil sie in andern Verhältnissen leben. Es gibt nicht zwei, drei, sechs Schubladen, sondern tausende Arten, anders zu sein.
und andererseits die Buchstaben-Suppe-Rufer (LGBTAIQ).
In den 1980ern waren es die Essentialisten, die sagten:
An allen Orten, zu allen Zeiten gibt es (etwa 10%) gays/Schwule,
und wir Anhänger der gesellschaftlichen Konstruiertheit der Wirklichkeit der Menschen.
Für uns ist klar: Wer je eine andere Epoche, eine andere Gesellschaft (ein anderes Milieu) wirklich verstanden hat, weiß, dass es die Homosexualität nicht geben kann.
So wie ich es sah, war damals für die meisten deutschen Betroffenen des § 175
das Anders-Sein, das Ausgeschlossen-Sein, das Nicht-Gewöhnlich-Sein das Eigentliche, der Kern der Identität.
Und für die Jungen waren wechselnde Partner das Markierende: man hielt sich für freier als die Heteros.
Die "alten Griechen", die Lustknaben umwarben, beschenken, beschliefen, waren aber weder deviant noch promisk,
sie waren also weder im Sinne der Homos, noch im Sinne der Schwulen "Homosexuelle" ‒ sie waren ganz anders. Und gehören meiner Ansicht nach nicht in die gleiche Begriffs-Box.
Zum Verständnis der Sexualität von Thomas Mann kann man Härle oder Popp lesen. Ich verweise gern auf
‒ das Missverstädnis Gore Vidal ‒ Th.Mann,
der junge Vidal schickte dem Nobelpreisträger seinen Erstling The City and a Pillar, der sich artig bedankle und daüber in sein Tagebuch schrieb (24.11.1950):
Das Sexuelle, die Affären mit den diversen Herren mir eben doch unbegreiflich. Wie kann man mit Herren schlafenAls Vidal das Jahrzehnte später erfuhr, hielt er es für verlogenes Verstecken vor dem Publikum (für das die Tagebücher ja von Anfang an geschrieben waren) ‒
nicht verstehend, dass man Burschen, einfache Jungmänner begehren konnte, aber keine Herren ‒ doch nicht mit Seinesgleichen!
‒ seine Tagebucheintragungen über Kellner, Tennisspieler und 3.Klasse-Bahnfahrer,
‒ explizit in Über die Ehe (1925):
Es ist kein Segen bei ihr [der Homoerotik] als der der Schönheit, und das ist ein Todessegen. Ihr fehlt der Segen der Natur und des Lebens - das möge ihr Stolz sein, ein allerschwermütigster Stolz, aber sie ist gerichtet damit, verworfen, gezeichnet mit dem Zeichen der Hoffnungslosigkeit und des Widersinns‒ den Tod in Venedig und
‒ den Tonio Kröger.
Tonios Vater ist wie Thomasens Vater Lübecker Patrizier,
doch die Mütter der beiden sind anders (Brasilianer, "Zigeuer", liederlich, un-protestantisch, un-nordisch, südländisch).
Tonio schreibt ‒ wie Jung-Thomas ‒ Gedichte und ist nicht sportlich, zeigt keinen richtig männlichen Körper. Tonio liebt Hans, sein Gegenteil.
Am Ende der Novelle gesteht er:
Aber meine tiefste und verstohlenste Liebe gehört den Blonden und Blauäugigen, den hellen Lebendigen, den Glücklichen, Liebenswürdigen und Gewöhnlichen.Er will, dass Hans ihn versteht, doch er will es auch nicht. Verstünde er ihn (verstünde er etwa Tonios Gedichte) wäre er nicht mehr anders genug, er verachtet ihn ein wenig, weil er so gewöhnlich ist, und er muss so normal, so hetero-Ficker sein, um ihn befriedigen zu können.
diese Liebe ... ist gut und fruchtbar. Sehnsucht ist darin und schwermütiger Neid und ein klein wenig Verachtung und eine ganze keusche Seligkeit.
Wie für Ulrichs die Liebe zwischen Gleichen ganz undenkbar war: der AndersSeiende begehrte den Normalen (der Urning den Dioning = der Weibliche den Männlichen),
so bei Th.Mann: der halb-südländische Poet liebt den gesunden Hetero -- den er verführt, umgarnt, besticht.
Was es in Gore Vidals The City and the Pillar gibt:
Sex zwischen zwei Studenten aus gleichem Milieu
ist unvorstellbar.
Sogar: Sollte es im Perikleischen Athen Männer gegeben haben, die sich nach blonden "Gewöhnlichen" geseht hätten, wäre es anders gewesen als im Lübeck von 1902, weil Männerliebe einen in Griechenland nicht "A-Normal" (geschweige AbNormal) machte.
Womit ich sagen will: Jede Liebe ist anders, weil die Liebenden Andere sind und weil sie in andern Verhältnissen leben. Es gibt nicht zwei, drei, sechs Schubladen, sondern tausende Arten, anders zu sein.
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